Das Raserurteil von Berlin – Ein Meilenstein?
Das „Raserurteil“ von Berlin hat in den sozialen Medien ein breites Echo gefunden. Zwei jüngere Männer hatten sich am 01.02.2016 gegen Mitternacht auf dem Kurfürstendamm mitten in Berlin ein spontanes Autorennen mit ihren PS-starken Fahrzeugen geliefert. Bei dem Rennen sollen sie mit einer Geschwindigkeit von z.T. 160 km/h mehrere rote Ampeln überfahren haben.
Das Rennen fand ein tragisches Ende, als aus einer unübersichtlichen Seitenstraße bei „grün“ ein anderer Verkehrsteilnehmer mit seinem Fahrzeug kam und seitlich von einem der Raser gerammt wurde. Der Autofahrer verstarb in einem Trümmerfeld noch an der Unfallstelle.
Diese Tat stufte das Landgericht Berlin (35. Große Strafkammer, 535 Ks 8/16) in seinem Urteil vom 27.02.2017 als Mord ein und erkannte konsequent auf eine lebenslange Freiheitsstrafe.
Eine geringere Strafe war wegen der Einstufung als Mord nicht möglich. Grund ist, dass der Mord-, Paragraf § 211 StGB anders als andere Vorschriften keinen Strafrahmen enthält und stattdessen als einzige Strafe „lebenslänglich“ vorsieht.
Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass die Täter mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt hätten und damit den Tod eines Menschen durch das Rennen für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hätten. Zugleich sei das in der Innenstadt mit Renngeschwindigkeit gefahrene Auto ein gemeingefährliches Mittel, sodass ein Mordmerkmal vorlag.
Nach der Pressemitteilung des Landgerichts Berlin (PM 13/17) hätten die Täter ihre Autos, schwere und PS-starke Gefährte, nicht mehr unter Kontrolle gehabt und damit eine hohe Anzahl von anderen Verkehrsteilnehmern auf dem auch nachts stark frequentierten Kurfürstendamm in Gefahr gebracht. Sie hätten es schlichtweg dem Zufall überlassen, ob und wie viele Menschen durch ihr Verhalten zu Schaden kommen.
Nachdem die Verteidiger angekündigt hatten, dass gegen das Urteil Revision eingelegt werden soll, bleibt abzuwarten, ob die Begründung des Landgerichts Berlin in der Revision hält und damit bestätigt wird. Hauptansatzpunkt für die Verteidigung wird sein, ob hier von einem bedingten Tötungsvorsatz auszugehen ist oder ob stattdessen eine fahrlässige Tötung (mit einer Höchststrafe von fünf Jahren Freiheitsstrafe) vorliegt.
Die Abgrenzung zwischen bedingtem Vorsatz und bewusster Fahrlässigkeit ist ausgesprochen schwierig. Bei beiden Formen hält, vereinfacht gesagt, der Täter den Eintritt der Tatfolge (hier Tod eines Menschen) für durchaus möglich. Allerdings denkt sich der Täter bei bewusster Fahrlässigkeit, dass das Ganze schon gut gehen würde, während er bei dem bedingten Vorsatz für sich denkt: „na wenn schon“.
Wie die Entscheidung einer Revision ausfallen wird, bleibt daher abzuwarten. Würde die Revision das Rennen mit Todesfolge ebenfalls als Mord einstufen, dann wäre der 27.02.2017 ein Meilenstein in der Strafrechtsgeschichte.