Was tun, wenn der Arbeitgeber nicht zahlt?
Fast jeder Arbeitnehmer ist für seinen Lebensunterhalt darauf angewiesen, dass der Arbeitslohn pünktlich und vollständig gezahlt wird. Ohne die Lohnzahlung können die Raten für das Eigenheim oder das Auto wie auch die allgemeinen Lebenshaltungskosten über kurz oder lang nicht vollständig aufgebracht werden. Viele Privathaushalte geraten dann in eine finanzielle Schieflage und Bedrängnis.
In den allermeisten Fällen wird der Arbeitgeber den Lohn sicherlich pünktlich und vollständig zahlen. Wann der Lohn gezahlt wird und wie hoch er ist, ergibt sich regelmäßig aus dem Arbeitsvertrag.
Doch welche Möglichkeiten hat ein Arbeitnehmer, wenn der (vollständige) Lohn ausbleibt? In diesem Fall stehen dem Arbeitnehmer mehrere Wege zur Verfügung, die im Nachfolgenden skizziert werden sollen.
Als erste Maßnahme sollte der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber zunächst mündlich auffordern, die vereinbarte Zahlung zu leisten. Möglicherweise steckt hinter der ausbleibenden Zahlung ein banaler Grund wie z.B. ein Zahlendreher bei der IBAN-Nummer. Würde ein Arbeitnehmer sogleich mit schwerem rechtlichen Geschütz auffahren, kann dies das Arbeitsverhältnis im Ergebnis unnötigerweise erheblich belasten.
Führt die mündliche Aufforderung allerdings nicht zum zeitnahen Erfolg, sollte der Arbeitnehmer nun eine schriftliche Mahnung verfassen und darin dem Arbeitgeber zugleich eine Zahlungsfrist setzen. Diese Mahnung muss selbstverständlich dem Arbeitgeber auch zugehen. Die schriftliche Mahnung empfiehlt sich insbesondere im Hinblick auf etwaige arbeitsvertragliche Ausschlussfristen bzw. Verfallsfristen, innerhalb derer der Arbeitnehmer die Ansprüche geltend machen muss, um sie nicht zu verlieren.
Ob für das Arbeitsverhältnis eine Ausschlussfrist gilt und was genau zu beachten ist, um die Ansprüche nicht zu verlieren, ergibt sich aus dem Arbeitsvertrag bzw. aus einem Tarifvertrag, der in dem Arbeitsverhältnis Anwendung findet. In der Regel bestimmt die Klausel zur Ausschlussfrist den Zeitraum, innerhalb dessen der Anspruch geltend zu machen ist, aber auch, ob es ausreicht, die Ansprüche schriftlich geltend zu machen, oder ob sogar im Einzelfall innerhalb einer bestimmten Frist auch die gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche erforderlich ist.
Erfolgt nach wie vor keine Zahlung, wäre eine Zahlungsklage gegenüber dem Arbeitgeber vor dem Arbeitsgericht der nächste Schritt, der zudem infolge des Zahlungsverzugs auch Verzugszinsen zu zahlen hat. Erleidet der Arbeitnehmer durch den ausbleibenden Lohn einen Schaden, ist dieser vom Arbeitgeber ebenfalls zu erstatten.
Des Weiteren kann ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber auch wegen verspäteter Lohnzahlung förmlich abmahnen. Dies wird sich allerdings nur dann anbieten, wenn der Arbeitnehmer alsbald sowieso einen Stellenwechsel beabsichtigt, da in einer Abmahnung weitere arbeitsrechtliche Maßnahmen wie z.B. die Kündigung bei einem erneuten Verstoß in Aussicht gestellt werden müssen. Mit anderen Worten droht der Arbeitnehmer mit der Abmahnung für den Fall einer erneuten fehlenden Lohnzahlung an, dass er das Arbeitsverhältnis (fristlos) kündigen wird.
Im Einzelfall hat der Arbeitnehmer sogar die Möglichkeit, die Arbeitsleistung zu verweigern und nicht zur Arbeit zu erscheinen. Rechtlich betrachtet übt der Arbeitnehmer damit ein Zurückbehaltungsrecht aus.
Allerdings sollte dies nicht ohne Vorwarnung erfolgen, sondern die Einstellung der Arbeit sollte zunächst (schriftlich) angedroht werden. Stellt der Arbeitnehmer die Arbeit zu Recht ein, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis selbstverständlich nicht wegen Arbeitsverweigerung kündigen.
Allerdings ist die Arbeitsverweigerung in der Regel nur dann berechtigt, wenn der Lohnrückstand erheblich ist (mindestens drei Monate) und nicht zu erwarten ist, dass die Verzögerung kurzfristig behoben wird. Zudem darf dem Arbeitgeber durch die Arbeitsverweigerung kein unverhältnismäßiger erheblicher Schaden drohen.
Verweigert der Arbeitnehmer zu Recht die Arbeit, sollte er sich kurz vor dem geplanten Beginn als arbeitssuchend melden, um Arbeitslosengeld beziehen zu können.
Vorsicht ist geboten, wenn der Arbeitgeber bittet, die ausstehenden Lohnzahlungen zu stunden oder sogar auf sie zu verzichten. Entsprechende gut gemeinte Zugeständnisse des Arbeitnehmers können schnell zur Falle werden, weil er z.B. infolge von Ausschlussfristen seine Ansprüche verlieren kann.
Stellt sich heraus, dass der Arbeitgeber kurz vor der Insolvenz steht oder bereits insolvent ist, sollte der Arbeitnehmer daran denken, dass er einen Anspruch auf Zahlung von Insolvenzgeld haben kann. Der Anspruch auf Zahlung von Insolvenzgeld ist bei der Agentur für Arbeit geltend zu machen. Voraussetzung dafür ist das Vorliegen eines sog. Insolvenzereignisses. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn über das Vermögen des Arbeitgebers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist oder aber ein Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen wurde. Durch das Insolvenzgeld umfasst ist das Arbeitsentgelt der letzten drei Monate vor dem Eintritt des Insolvenzereignisses.
Zusammenfassend hat der Arbeitnehmer die folgenden Möglichkeiten, wenn der Lohn ausbleibt:
• Mündliche Nachfrage beim Arbeitgeber, wo der Lohn bleibt, weil eine Verzögerung einen banalen Grund haben kann wie z.B. einen Zahlendreher bei der IBAN-Nummer
• Als zweiten Schritt schriftliche Mahnung mit Fristsetzung, um zugleich auch etwaige arbeitsvertragliche Ausschlussfristen zu wahren
• Zahlungsklage vor dem Arbeitsgericht auf Lohn, Zinsen und ggf. Schadenersatz
• Im Einzelfall Abmahnung des Arbeitgebers und ggf. eigene Kündigung
• Im Einzelfall Arbeitsverweigerung
• Bei Vorliegen eines Insolvenzereignisses Insolvenzgeld beantragen.