Zusatzurlaub verfällt, wenn Schwerbehinderung nicht bekannt
Ein Mitarbeiter verlangt vom Arbeitgeber die Abgeltung von Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen aus den letzten drei Jahren. Der Mitarbeiter hat einen Grad der Behinderung von 50. Dies war dem Arbeitgeber nicht bekannt. Erst nach Ausspruch der Kündigung beantragt er Zusatzurlaub für schwerbehindete Menschen und legte den Schwerbehindertenausweis bei.
Was wurde entschieden
Die Vorschriften über die Entstehung, Übertragung, Kürzung und Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs sind auf den Anspruch schwerbehinderter Menschen auf Zusatzurlaub nach § 125 Abs. 1 Satz 1 SGB IX aF bzw. § 208 Abs. 1 Satz 1 SGB IX nF anzuwenden.
Deshalb ist dem Arbeitgeber regelmäßig die Berufung auf die Befristung und das Erlöschen des Zusatzurlaubsanspruchs versagt, wenn er seine Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten in Bezug auf diesen Anspruch nicht erfüllt hat, denn ein verständiger Arbeitnehmer hätte bei gebotener Aufforderung und Unterrichtung seinen Zusatzurlaub typischerweise rechtzeitig vor dem Verfall beantragt.
Hat der Arbeitgeber keine Kenntnis von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers und ist diese auch nicht offenkundig, verfällt der Anspruch auf Zusatzurlaub auch dann mit Ablauf des Urlaubsjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums, wenn der Arbeitgeber seinen Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten nicht nachgekommen ist, Bundesarbeitsgericht (BAG), Urt. v. 30.11.2021, 9 AZR 143/21.
Das sollten Sie sich merken
Für Arbeitgeber
Wenn man von der Schwerbehinderteneigenschaft des Mitarbeiters keine Kenntnis hta, kann man diesen naturgemäß auch nicht auffordern, auch den gesetzlich zustehenden Zusatzurlaub zu nehmen.
Für Arbeitnehmer
Wenn sie einen Grad der Schwerbehinderung von 50 haben, muss der Umstand offengelegt werden, um den gesetzlichen Zusatzurlaub zu erhalten.
Ob und wann man den GdB offenlegt, kann aber aus „taktischen Gründen“ bei einer drohenden Kündigung unterschiedlich sein. Hier wäre eine anwaltliche Beratung durch eine Fachanwalt für Arbeitsrecht zu empfehlen.